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Schneeflocken-Methode (2/6)

drei Schritten zum eigenen Buch

Die ersten drei Schritte zum eigenen Buch

Im Folgenden stelle ich dir die ersten drei Schritte zum eigenen Buch vor. Die Methode, die du dabei anwendest nennt sich Schneeflocken-Methode und stammt aus dem Buch How to Write a Novel Using the Snowflake Method von Randy Ingermanson. Jeden Schritt werde ich dir erst theoretisch vorstellen. Anschließend gebe ich dir einen Einblick, wie ich den jeweiligen Schritte für mein Buchprojekt umgesetzt habe.


Schritt 1: Deine Geschichte in einem Satz

Zeitaufwand: 1 Stunde

Im ersten Schritt zum eigenen Buch schreibst du eine Zusammenfassung deiner Geschichte in nur einem Satz. Dieser Satz bildet das Herz deiner Geschichte und fasst das Wesentliche zusammen. Wenn du dir die Kochsche Schneeflocke vorstellst, dann ist die 1-Satz-Zusammenfassung das Dreieck, mit dem alles anfängt.

Wenn du später dein Buchvorhaben einem Verlag vorstellst, dient die 1-Satz-Zusammenfassung als Appetithäppchen. Mit ihr überzeugst du andere von deiner Idee: Verlegerinnen, Buchhänderinnen und nicht zuletzt Leserinnen.

Was macht eine gute 1-Satz-Zusammenfassung aus?

  • Je kürzer, umso besser! Versuche maximal 25 Wörter zu verwenden.
  • Jedes Wort zählt! Nutze aussagekräftige Nomen, Verben und Adjektive.
  • No names! Verwende keine Figurennamen.
  • Drei ist einer zu viel! Es sollten nur ein oder zwei Figuren erwähnt werden.
  • Fokus aufs Wesentliche! Erwähne nur die Haupthandlung.
  • Was steht für die Figuren auf dem Spiel (das kann auch nur impliziert werden) und was müssen sie tun, um ans Ziel zu kommen?
  • Deute den Konflikt an, aber verrate nicht seine Auflösung.
  • Falls es wichtig für deine Geschichte ist, kannst du auch das Setting erwähnen.

Beispiele

Ein junger Zauberer beginnt seine Ausbildung und muss mit dem Mörder seiner Eltern um sein Leben kämpfen.

(Harry Potter von Joanne K. Rowling)

Ein vom Gedanken an Rache besessener Walfänger bricht zu einer tödlichen Reise auf, um das Biest zu erlegen, das sein Bein gefressen hat.

(Moby Dick von Herman Melville)

Ein junges Mädchen muss in einem Kampf, bei dem es nur einen Überlebenden geben darf, gegen ihren Freund kämpfen.

(Die Tribute von Panem von Suzanne Collins)

Einblicke in mein eigenes Buchprojekt

Ein einsames Mädchen findet heraus, dass der geheimnisvolle Junge, der sich in der Burg versteckt hält, in der sie lebt, ihr Zwillingsbruder ist, von dem sie ein Fluch trennt.

Schreibübung

Wähle drei bis fünf deiner Lieblingsbücher oder Filme und fasse sie in einem Satz zusammen. Du kannst natürlich auch gleich mit Ideen für deine eigenen Geschichten loslegen!


Schritt 2: Deine Geschichte in einem Absatz

Zeitaufwand: 1-2 Stunden

Im zweiten Schritt zum eigenen Buch erweiterst du deinen Satz zu einem Absatz. Beschreibe dabei das Setup deiner Geschichte, die wichtigsten Katastrophen sowie das Ende. Der Aufbau deines Absatzes sollte dabei unter dem Motto stehen: “Drei Katastrophen und ein Ende”. Jeder dieser vier Teile wird später etwa ein Viertel deines Romans ausmachen. Die erste Katastrophe kann durch externe Umstände ausgelöst werden. Die Katastrophen zwei und drei aber sollte der Protagonist selbst verursachen, indem er versucht seine Welt wieder in Ordnung zu bringen. Dabei werden die Dinge aber schlimmer und schlimmer.

So gehst du vor:

  • Schreibe einen Satz, in dem du Hintergrund und Setup kurz vorstellst.
  • Schreibe für jede der drei Katastrophen einen Satz.
  • Schreibe einen Satz für das Ende.

Einblicke in mein eigenes Buchprojekt

Den Absatz, den ich für mein eigenes Buchprojekt geschrieben habe, kannst du hier lesen.


Schritt 3: Zusammenfassungen für jede Hauptfigur

Zeitaufwand: 1 Stunde

Wenn du bis zu diesem Schritt gekommen bist, hast du dir bereits einen Überblick über deine Geschichte als Ganzes verschafft. Im dritten Schritt zum eigenen Buch verschaffst du dir nun einen Überblick über die individuellen Geschichten deiner Hauptfiguren. Figuren sind das Wichtigste in einem Roman. Sie verleihen deiner Geschichte Leben. Nimm dir Zeit, sie zu entwerfen. Vergiss nicht: Jede Minute, die du während der Design-Phase in deine Figuren steckst, erspart dir später Stunden beim Schreiben deines Buchs.

Was ist zu tun?

Schreibe für jede Figur eine einseitige Zusammenfassung und kläre dabei sechs Fragen:

  • Wie heißt die Figur?
  • Fasse die Storyline der Figur in einem Satz zusammen.
  • Motiv: Welcher abstrakte Wunsch der Figur motiviert ihr Handeln?
  • Ziel: Welches konkrete Ziel möchte die Figur erreichen?
  • Konflikt: Was hält deine Figur ab, ihr Ziel zu erreichen?
  • Erleuchtung: Was wird die Figur am Ende der Geschichte gelernt haben? Wie wird sie dieses Wissen verändern?

Jeder ist der Held seiner eigenen Geschichte

Denke beim Verfassen der Storyline daran, dass selbst die Bösewichte sich nicht für Bösewichte halten. Jede Figur hält für richtig, was sie will und tut. Jede Figur ist die Hauptperson ihrer eigenen Geschichte.

Nomen est omen

Denke beim Beantworten der Fragen daran, dass die Antworten bestimmen, wie sich die Figur im Verlauf der Geschichte verhalten wird. Eine Figur, die Christian heißt, lebt in Deutschland ein anderes Leben als eine Figur, deren Namen Mohammed ist. Ein Christian hat wiederum in Saudi-Arabien ein anderes Leben als ein Mohammed.

Motive prägen das Handeln

Ich möchte die Wichtigkeit der Antworten auf die Fragen zur Figur am Beispiel des Motivs näher erklären. Das Motiv einer Figur prägt ihr Handeln stark und kann leicht mit dem Ziel einer Figur verwechselt werden. Beide stehen jedoch in einem kausalen Verhältnis zueinander. Das Motiv ist der Grund, warum die Figur das Ziel erreichen möchte. Es entscheidet aber auch darüber, wie sie es zu erreichen versucht.

Beispiel

Ziel: Anna will unbedingt Max heiraten.

Motiv A: Anna kommt aus einer armen Familie und sucht finanzielle Sicherheit. Max ist reich und kann ihr diese geben.

Motiv B: Anna hat sich von ihrem Vater nicht geliebt gefühlt. Max ähnelt ihrem Vater (vom Aussehen oder von der Art). Anna versucht durch die Heirat unterbewusst die Liebe ihres Vaters zu bekommen.

Wie handelt Anna wohl, wenn sie mit Max einen Streit hat?

Eine Anna mit Motiv A wird vermutlich eher Kompromisse eingehen und ihre eigenen Wünsche zurückstellen. Vielleicht wird sie sogar alles versuchen, damit es gar nicht erst zu einem Streit kommt. Schließlich möchte sie ihre Chance auf finanzielle Sicherheit nicht vergraulen.

Eine Anna mit Motiv B wird in Konflikt-Situationen wohl schnell emotional reagieren. Denn alles Verletzende, das Max tut, erinnert sie an die Verletzungen, die ihr von ihrem Vater zugefügt wurden. Max ist nicht die Ursache des Konflikts, sondern nur der Auslöser.

Allein das Motiv sorgt schon dafür, dass es sich um zwei völlig unterschiedliche Geschichten handelt!

Don’t be perfekt!

Der dritte Schritt braucht nicht perfekt zu werden. Das Ziel dieses Schritts ist es, dich zum nächsten zu bringen – und damit einen Schritt weiter zum fertigen Buch.

Wie alle Schritte der Schneeflocken-Methode darf, kann und sollte auch Schritt 3 überarbeitet werden. Das ist ganz normaler Teil des Schreib-Prozesses. Denn mit jeder Ausarbeitung der Geschichte als Ganzes, wird dir klarer, wie Geschichte der einzelnen Figuren ist – und umgekehrt. Gehe daher falls nötig ruhig zurück und passe vorhergehende Schritte wo nötig an. Das erscheint zuerst aufwändig und ganz ehrlich: Das ist es auch. Aber denke daran: Es ist leichter jeden einzelnen Schritt der Schneeflocken-Methode zu überarbeiten als am Ende ein 400 Seiten langes Manuskript umzuschreiben. Je sorgfältiger du also in der Design-Phase vorgehst, je genauer du planst, umso weniger Revisionen wirst du beim Schreiben deines Romans machen müssen.

Einblicke in mein eigenes Buchprojekt

In meinem Buch kommen insgesamt acht Hauptfiguren vor. Jelina, die Protagonistin, hast du schon in Schritt 2 kennengelernt. Es ist Zeit, mehr über sie zu erfahren. Klicke hier.

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